Schlesien trifft Hamburg –
ein ungewöhnliches Aufeinandertreffen erwartet uns in der ersten St.-Anna-Herbstmusik am 15. Oktober. Fünf Gesänge zu kirchlichen Festen bzw. Festzeiten aus dem schlesischen Hirschberg stehen im Mittelpunkt des Konzertes, umrankt von Instrumentalmusik aus der Hansestadt. Beate Gehrken singt Vertonungen der Heiligen Schrift, entstanden im Jahr 1723. Tobias Volckmar lässt aus ihnen tiefste schlesische Frömmigkeit sprechen. Alles dient hier der Verkündigung und leuchtet je nach Inhalt der Botschaft in den unterschiedlichsten Farben.
Glamourös zeigt sich demgegenüber der weltgewandte Hamburger Georg Philipp Telemann: Seine Kammersonaten, wahre Meisterwerke, geben sich selbstbewusst auf der Höhe der Zeit und ihres Geschmacks, setzen auf raschen Erfolg, unmittelbare Wirkung, wollen mitreißen und sich einschmeicheln.
Es musiziert das inzwischen auf sechs Mitwirkende angewachsene Collegium St. Annae mit Flöte, Streichinstrumenten und Orgel: Heike Hartjens, Johanna Moraitis, Jan Dirk Ruröde, Bernhard Meyer-Berendes, Johannes Meyer und Johannes Schäfer.
Flöten treffen Pfeifen –
zehn Flöten von vorne, 3000 Pfeifen von hinten, und das abwechselnd: In der zweiten St.-Anna-Herbstmusik am 29. Oktober hören wir musikalische Stadtportraits, prachtvoll von Lodovico Grossi da Viadana für zwei vierstimmige Instrumentalgruppen eingerichtet. Damit korrespondierend erklingen Werke unterschiedlicher Herkunft auf der Becker-Orgel.
Vor vierhundert Jahren regten bedeutende italienische Fürstenstädte Lodovico Grossi zu interessanten Tonmalereien an: Bergamo, Venedig, Mantua, Padua, Bologna, Rom, Genua und Neapel, damals blühende Kleinstaaten und zugleich kulturelle Zentren, lieferten die Ideen. In den acht Klangbildern - jedes eine Kostbarkeit - entstehen sie wieder vor unserem geistigen Auge (bzw. „Ohr“).
Das Flötenconsort des Dekanates Twistringen und Johannes Schäfer am Orgelpositiv übernehmen je einen vierstimmigen Part. So ergibt sich ein mal lustiges, mal ernstes Zwiegespräch.
Ebenso reizvoll sind die Sätze, die Domorganist a. D. Prof. Wolfgang Baumgratz für die große Orgel ausgewählt hat und spielen wird.